Abend, D 645

Evening

(Poet's title: Abend)

Set by Schubert:

  • D 645
    (sketch)
    Schubert did not sketch any music for the lines in italics

    [early 1819]

Text by:

Johann Ludwig Tieck

Text written 1796.  First published late 1801.

Abend

Wie ist es denn, dass trüb und schwer
So alles kömmt, vorüberzieht,
Und wechselnd, quälend, immer leer,
Das arme Herz in sich verglüht?

Kaum gekommen
Soll ich scheiden,
Kaum entglommen
Löschen wieder
Alle Freuden,
Und der Leiden
Dunkle Wolke senkt sich nieder.

Aus den Lichtern in die Nacht,
Aus den Augen, die mir tagen,
Die mein ganzes Herz durchlacht,
Bin ich wieder allen Plagen,
Dem dürren Leben
Zurück gegeben.

Wie flücht’ge Augenblicke
Mein Glücke!
Wie lange, lange Dauer
Der Trennung, düstre schwere Trauer! –
Zurück zu kehren
Und dich entbehren!

O als ich dich noch nicht gesehn,
Da durfte Sehnsucht bei mir sein,
Ein Hoffnungswind in meinen Wünschen wehn,
Die Zukunft war ein heller Schein:
Jetzt muss ich vom Erinnern kaufen,
Was ich kaum zerstreut empfand;
Wieder durch die wüsten Haufen,
Durch ein unbewohntes Land,
Soll ich irre, klagend, schweifen,
Und des Glückes goldne Streifen,
Auch die letzten, abgewandt.
Noch fühl ich deine Hand,
Noch wie im Traume deine Küsse,
Noch folgen mir die holden Blicke,
Und die Empfindung, dass ich alles misse,
Bleibt bei mir zurücke.

O Hoffen, Schmachten, Liebesleid und Sehnen,
Wie dürst ich nach den süßen Tränen!
O tröste mich doch, eitles Wähnen,
So leer du bist, so todt, so nichtig!
Verlaßt ihr alle mich so flüchtig?

O Gegenwart, wie bist du schnell!
Vergangenheit, wie bist du klein!
O Zukunft, wie wirst du unendlich sein?
Unendlich wie am Himmelsbogen
Die Sterne in die ewgen Räume steigen,
So fühl ich Stunden, Tage, Monden hergezogen,
Und durch mein tiefstes Sein das trübe Schweigen,
Um mich ein unvergänglich Meer von schwarzen Wogen,
Und ach! kein grünes Ufer will sich zeigen!

Evening

So how is it that things that are bleak and heavy
Both come and pass away,
And that changing, tormented, always empty,
My poor heart burns itself up?

No sooner have I arrived
Than I have to leave,
No sooner sparked
Than extinguished again
Are all joys,
And pain’s
Dark cloud descends.

Away from the lights and into night,
Away from the eyes which shine for me,
Which send laughter throughout my whole heart,
I find myself once more with all the trials
Of this barren life,
Given back to me.

Like fleeting moments
My happiness!
What a long, long duration,
This separation, gloomy, heavy mourning! –
Back to my troubles
And being without you!

Oh, when I had not yet seen you,
It was possible to live with longing,
A wind of hope blew in my desires,
The future was a bright glow:
Now I have to buy from my memory
What I experienced with scarcely a thought;
Once more through the barren crowds,
Through an uninhabited country,
I shall have to wander, lamenting, veering around,
With the golden thread of happiness,
The very last one, cut off.
I can still feel your hand,
I can still feel your kisses as if in a dream,
Your beauteous glances are still following me,
And the sensation that I am missing out on everything
Remains with me.

Oh hopes, pining, love-sorrow and longing,
How thirsty I am for those sweet tears!
So, offer me comfort, vain delusions,
However empty you are, however dead, however pointless!
Do you all have to abandon me so fleetingly?

Oh present, how quick you are!
Past, how small you are!
Oh future, how can you go on endlessly?
Endless as when in the overarching sky
The stars climb into eternal space,
That is how I feel hours, days and months marching on,
And through my deepest being there comes a bleak silence,
Around me there is a boundless sea of black waves,
And, oh, no green bank is going to appear!



As the sun sets, poets muse. For Friedrich von Matthisson (D 099, D 423 Andenken) the evening light and the singing of the nightingales made him think longingly of his beloved ‘with sweet pain’. As sunset gave way to moonshine, and evening breezes rustled in the tree tops, Ludwig Kosegarten (D 235, 237 Abends unter der Linde) felt the presence of his two dead children along with a corresponding assurance that they were now in a safe, happy place. Goethe at Ilmenau in 1780 (D 768, Wandrers Nachtlied) looked out at the hills and woods and saw nature going to sleep, birds roosting and falling silent, everything promising him similar rest.

There was no such consolation for Tieck. His ‘Abend‘ is one of the strangest evening texts that Schubert ever tried to set (and it is hardly surprising that he gave up on the attempt). The setting sun does not offer any reassurance that it will rise again in the morning, the failing light does not offer any kind of inner illumination. There is only loss.

Original Spelling

Abend

Wie ist es denn, daß trüb und schwer 
So alles kömmt, vorüberzieht, 
Und wechselnd, quälend, immer leer, 
Das arme Herz in sich verglüht?    

     Kaum gekommen
     Soll ich scheiden,
     Kaum entglommen
     Löschen wieder
     Alle Freuden,
     Und der Leiden   
     Dunkle Wolke senkt sich nieder.  

Aus den Lichtern in die Nacht, 
Aus den Augen, die mir tagen, 
Die mein ganzes Herz durchlacht, 
Bin ich wieder allen Plagen,
     Dem dürren Leben
     Zurück gegeben.  

Wie flücht'ge Augenblicke 
Mein Glücke! 
Wie lange, lange Dauer 
Der Trennung, düstre schwere Trauer! - 
Zurück zu kehren 
Und dich entbehren!

O als ich dich noch nicht gesehn, 
Da durfte Sehnsucht bey mir seyn, 
Ein Hoffnungswind in meinen Wünschen wehn, 
Die Zukunft war ein heller Schein:  
Jetzt muß ich vom Erinnern kaufen, 
Was ich kaum zerstreut empfand; 
Wieder durch die wüsten Haufen, 
Durch ein unbewohntes Land, 
Soll ich irre, klagend, schweifen, 
Und des Glückes goldne Streifen, 
Auch die letzten, abgewandt. 
Noch fühl' ich deine Hand, 
Noch wie im Traume deine Küsse, 
Noch folgen mir die holden Blicke, 
Und die Empfindung, daß ich alles misse, 
Bleibt bei mir zurücke.  

O Hoffen, Schmachten, Liebesleid und Sehnen, 
Wie dürst' ich nach den süßen Thränen! 
O tröste mich doch, eitles Wähnen, 
So leer du bist, so todt, so nichtig! 
Verlaßt ihr alle mich so flüchtig?  

O Gegenwart, wie bist du schnell! 
Vergangenheit, wie bist du klein! 
O Zukunft, wie wirst du unendlich seyn? 
Unendlich wie am Himmelsbogen 
Die Sterne in die ew'gen Räume steigen, 
So fühl' ich Stunden, Tage, Monden hergezogen, 
Und durch mein tiefstes Seyn das trübe Schweigen, 
Um mich ein unvergänglich Meer von schwarzen Wogen, 
Und ach! kein grünes Ufer will sich zeigen!

Confirmed by Peter Rastl with Schubert’s source, Musen-Almanach für das Jahr 1802. Herausgegeben von A. W. Schlegel und L. Tieck. Tübingen, in der Cotta’schen Buchhandlung, 1802, pages 113-116; and with Gedichte von L. Tieck. Erster Theil. Dresden bei P. G. Hilscher. 1821, pages 141-143.

Note: In the 1802 edition the poem is part of a cycle with the title Der Besuch consisting of four poems: I. Morgen, II. Mittag, III. Abend and IV. Nacht. In the 1821 edition the poems no longer belong together.

To see an early edition of the text, go to page 113  [Erstes Bild 123] here: https://download.digitale-sammlungen.de/BOOKS/download.pl?id=bsb10119478